Auch dieses Jahr hat der Langenscheidt Verlag wieder das neue Jugendwort des Jahres wählen lassen: Insgesamt 1,2 Millionen Jugendliche aus ganz Deutschland haben seit Juni für ihr Lieblingswort gevotet und dabei kam ein akkurates Ergebnis heraus. “Cringe” hat sich in der Endrunde zwischen den Begriffen “sheesh” und “sus” mit 42 Prozent der Stimmen durchgesetzt. Suspicious? Ich glaube schon.
Wir alle kennen es. Das Handeln oder Agieren eines Anderen versetzt uns in das Gefühl von Fremdscham, welches uns direkt urteilen lässt:
“Das ist ja mal mega cringe!” oder “Omg, ich bin todes angecringed.” Allesamt benutzen wir diesen Begriff und haben dabei nicht nur ein vermeintlich passendes Wort für “unangenehme” Situationen gefunden, sondern auch eine Entschuldigung dafür, genau das aus fast jeder Situation zu machen. Wortwörtlich zum Scheitern verurteilt.
Natürlich gibt es etliche Situationen, welche für Außenstehende enorm unangenehm sind. Und genau für diese Umstände ist der englische Begriff für Fremdscham nahezu papatastisch. Allerdings ist es doch auch ein bisschen widersprüchlich, beinahe sus, dass eine Generation, welche für Toleranz und Liberalität steht, “sich für jemanden fremd schämen” als liebstes Wort wählt. Sich gegenseitig zu akzeptieren, weirde Charakterzüge zu normalisieren, das würde unserer Generation doch viel besser stehen und in den täglichen Sprachgebrauch passen.
Text: Madlin Lindner