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Wenn KI zur Fanfiction wird: Urheberrecht und CharacterAI im Konflikt

Künstliche Intelligenz entwickelt sich in bahnbrechender Geschwindigkeit und ist mittlerweile in fast allen Bereichen des Lebens zugegen. Von der Arbeit zum privaten Leben ist sie überall integriert, und das nicht ohne Kontroversen. In den letzten paar Tagen und Wochen kam es vor allem in der Buchbranche wieder einmal zu einer hitzigen Debatte rund um das Thema KI. Doch nicht wie so oft aufgrund von Texten, die mithilfe Künstlicher Intelligenz verfasst wurden, oder Covern, die von KI generiert wurden. Dieses Mal bezog sich das Problem auf eine App bzw. Anwendung namens CharacterAI. 

 

CharacterAI ist eine App, auf der man mit einem Chatbot chatten kann. Doch hierbei handelt es sich nicht um einen regulären Chatbot, wie man sie vielleicht schon von anderen Systemen kennt. Mit CharacterAI kann man mit eigenen Charakteren reden und rollenspielen, ebenso mit Celebrities oder fiktionalen Charakteren aus Büchern, Filmen und Videospielen. Was früher einmal mithilfe von sogenannten self-insert Fanfictions auf Wattpad oder AO3 gemacht wurde, bei dem die Hauptfigur keinen Namen hatte und man sich selbst in die Geschichte denken konnte, wird heute mithilfe der App gemacht und individuell auf die Person und auf unzählbare Situationen zugeschnitten. Manche dieser Chatpartner haben mehrere hunderttausend Interaktionen, die App selbst mehrere Millionen monatliche Nutzer, was das Ausmaß und Nachfrage ziemlich deutlich zeigt. 

An sich birgt die Verwendung selbst schon mehrere Gefahren. Leute bauen romantische Beziehungen zu fiktionalen Charakteren. Die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen und macht es einfacher, problematische parasoziale Beziehungen zu Celebrities entstehen zu lassen. Aber das einmal außen vor. Die neueste Kontroverse bezieht sich nicht auf die sozialen Interaktionen selbst, sondern auf das Urheberrecht.  

 

Urhebende, vor allem Autor*innen, kritisieren, dass ihre Charaktere, die teils urheberrechtlich geschützt sind, auf CharakterAI als Chatpartner zur Verfügung stehen. Generell sind Urhebende in kreativen Berufen oft kritisch gegenüber Künstlicher Intelligenz, vor allem, wenn diese zum Trainieren von KI oder zum Schreiben oder Kreieren von Werken verwendet wird. In Fall von CharacterAI geht es zum einen um den Fall, dass deren Schöpfungen verwendet werden, um KI zu trainieren, damit diese die Rolle getreu wiedergeben können in Situationen, ohne dass die Autor*innen vorher um Erlaubnis gebeten wurden.  Autor*innen können nicht im Voraus der Verwendung ihrer Charaktere zustimmen oder ablehnen und können erst, wenn es schon zu spät ist, etwas dagegen unternehmen.  

Zudem verdienen die Urhebenden kein Geld, wenn ihre Werke in der App verwendet werden. Zwar bekommen die Menschen, die die Chatbots nach dem Ebenbild der Charaktere erschaffen und mit Material füttern, ebenfalls kein Geld, aber die Betreiber der App selbst machen ein gutes Geschäft. Vor allem mit beliebten fiktionalen Charakteren, welche viele Nutzer*innen auf die App treiben. Und das, obwohl  CharacterAI in deren Geschäftsbedingungen eigentlich verbietet, dass man Chatbots zu Charakteren erstellt, die urheberrechtlich geschützt sind. Durchgesetzt wird die Regel eher nicht. Nur, wenn sich die Urhebenden selbst drum kümmern und Unterlassungsordnungen erstellen, wird dagegen etwas unternommen, und das ist meistens kompliziert, zeitaufwendig und vielleicht auch schon zu spät. 

 

Diese Situation ist nicht der erste Streit zwischen Urhebenden und Firmen, die eine KI trainieren bzw. Zur Verfügung stellen. Jedoch hat fast kein Land dieser Welt eine Gesetzgebung, was dies betrifft, und so sieht es aus, als müssten Urhebende in naher Zukunft selbstständig vor Gericht ziehen und das Urheberrecht geltend machen oder abwarten, bis eine Gesetzesgrundlage geschaffen wurde, die die Nutzung von fiktionalen Charakteren klar regelt.  

Bis dahin steht der Wille der Urhebenden gegen die Ideen der Nutzenden. Diese argumentieren, dass CharacterAI das gleiche ist wie Fanfiction, nur personalisiert, und die meisten Autor*innen haben kein Problem mit Fanfiction. Zusätzlich wird oft erwähnt, dass diese Chats privat sind, was jedoch an sich kein solides Gegenargument ist für die Probleme, die Urhebende aufgelistet haben. Ob sich der Streit bald legen wird oder noch mehr an Fahrt aufnimmt, wird sich in den nächsten Wochen noch zeigen.

 

Text: Carden Cappi

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